Erschwernisse=Baunachtrag?

Uwe Besecke
Dipl. Bauingenieur + Wirtschaftsjurist LL.M
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Erschwernisse=Baunachtrag?

Projektmanagement, Nachtragsmanagement
Veröffentlicht von Besecke in Baunachtrag · Dienstag 18 Aug 2020
Tags: ErschwernisseZulagenBauleistungen
Erschwernisse = Baunachtrag?
 
Obwohl jede Nachtragsprüfung eine Prüfung im konkreten Einzelfall ist, kann man verschiedene Nachtragsmuster besonders in der öffentlichen Verwaltung erkennen.
Ein beliebtes Mittel zur Gewinnoptimierung der Bauunternehmer nach einem öffentlichen Vergabeverfahren sind Nachträge, welche mit „Zulage Erschwernis“ bezeichnet werden.
 
Der Aushub eines Rohrgrabens war besonders schwer, die Verkleidung an einem Fenster war besonders schwierig oder die Spachtelung der Wand war wegen schwieriger Untergründe zeitraubender weil es so nicht im Leistungsverzeichnis genau stand, sind nur einige Formulierungen, welche regelmäßig von den zuständigen Baubetreuern in der öffentlichen Verwaltung abgenickt werden einschl. undurchsichtiger Mehrpreisermittlung. Die externen Architekten schreiben in solchen Fällen standardgemäß, dass die „Zulage Erschwernis“ notwendig, erbracht und gerechtfertigt ist und der Mehrpreis angemessen und ortsüblich ist. Eine Begründung erfolgt nicht und wird auch vom öffentlichen Auftraggeber nicht verlangt. Mehrkosten von gut +15% der Auftragssumme sind nicht unüblich und konnten wir bei Prüfungen feststellen.
 
Die rechtliche Anspruchsgrundlage für den Nachtrag „Zulage Erschwernis“ ist zuerst dem Grunde nach zu prüfen.
 
Für die Auslegung der Leistungsbeschreibung, und damit ist nicht nur das Leistungsverzeichnis gemeint sondern „die Gesamtheit der Angaben über die nach dem Vertrag zu erbringenden Leistungen, unabhängig davon ob es sich um zeichnerische, verbale oder konkludente Angaben handelt“ (vgl. Thode/Quack), ist auf die objektivierte Sicht eines vernünftigen und fachkundigen Wirtschaftsteilnehmers abzustellen, dessen Betrieb auf die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen eingerichtet ist.
 
Es kommt somit nicht darauf an, wie der Kalkulator bei der Angebotserarbeitung den Sachverhalt subjektiv einschätzt sondern auf die objektivierte Sicht eines vernünftigen und fachkundigen Wirtschaftsteilnehmers, dessen Betrieb auf die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen eingerichtet ist und der die Gepflogenheiten des konkreten öffentlichen Auftraggebers nicht kennt, d.h. auf die Sicht eines potenziellen Teilnehmers an der Ausschreibung.
Das Risiko bloßer Erschwernisse bei der Ausführung der Leistung ist grundsätzlich dem Auftragnehmer originär zugeordnet (i.d.S. OLG Naumburg 2 U 113/18). Das Risiko, dass im Falle von Erschwernissen dies Einfluss auf das Arbeitstempo haben kann, ist ein Kalkulationsrisiko, was der Anbieter selber trägt oder übertragen werden kann, so die Entscheidung des OLG.
 
Anders kann es sein, wenn Umstände eintreten, welche objektiv nicht erkennbar und unerwartet sind, womit der Anbieter nicht rechnen musste.
 
Bei der Nachtragspreisermittlung für einem dem Grunde nach gerechtfertigte Werkvertragsänderung (jeder Nachtrag ändert den geschlossenen Werkvertrag einschl. geschuldetem Werkerfolg) kann es auch keine gesonderte „Zulageposition Erschwernis“ geben“. Liegt eine, entsprechend dem geschlossenen VOB-Vertrag, geänderte oder zusätzliche Leistung vor, ist auf der Grundlage des Hauptangebotes ein neuer Preis zu bilden.
 
Dazu hat der BGH in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass „die Ermittlung der Vergütung für eine geänderte Leistung in der Weise erfolgt, dass an die Kostenelemente der Auftragskalkulation“ anzuknüpfen ist.
 
„Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren, § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B.“ (BGH VII ZR 142/12).
 
Verfolgt man die Urteile der Rechtsprechung wird man feststellen, dass in den meisten Fällen die Zahlungsklagen wegen Mehrkosten aus „Zulagen Erschwernisse“ verworfen werden.
Nur dort, wo das Verständnis für ein objektives Nachtragsmanagement entweder politisch oder verwaltungstechnisch nicht vorhanden oder gewollt ist, wird man ungeprüft die Mehrkosten auszahlen (Stichwort „Zahlung bringt Frieden“). Mehr dazu in unserer Studie von einer Prüfung in einer kreisfreien Stadt in RLP.


 

Mehr zum Thema und zur Problematik in unserer Inhouse-Schulung http://www.controlling-management.com/files/Gliederung-Fachvortrag-Mythen-der-Nachtragsbefuerworter-in-der-oeffentlichen-Verwaltung.pdf.
 
Wie man ein erfolgreiches Nachtragsmanagement aufbaut, erfahren Sie hier http://www.controlling-management.com/aufbau-nachtragsmanagement.html

(Anm.: Die Ansichten und Darlegungen sind die persönlichen Ansichten des Entwurfsverfassers und stellen keine Beratung in rechtlicher und bautechnischer Hinsicht im Einzelfall dar. Siehe dazu auch im Impressum und Aktualisierung/Haftung)


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