Vergütung Nachtrag-gerechter Lohn?

Uwe Besecke
Dipl. Bauingenieur + Wirtschaftsjurist LL.M
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Vergütung Nachtrag-gerechter Lohn?

Projektmanagement, Nachtragsmanagement
Veröffentlicht von Besecke in Baunachtrag · Dienstag 10 Dez 2019
Tags: VoraussetzungNachtragsvergütung
Vergütung Zusatzauftrag als Nachtrag
 
Wird ein Zusatzauftrag über eine Nachtragsleistung auf der Baustelle erteilt, gehen viele Baufirmen davon aus, dass dieser Zusatzauftrag auch bezahlt werden muss.
 
Stellt sich die Frage, ob dieser Gedanke auch richtig ist?
 
Als erster Punkt wäre abzuklären, ob der Auftragserteilende überhaupt eine Vollmacht für die Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung hat. Bei öffentlichen Auftraggebern besteht sogar ein Schriftformerfordernis, sodass bei einer mündlichen Beauftragung kein Vertrag wirksam zustande käme.
 
Der zweite Punkt kann sein, dass zwar ein wirksamer Zusatzauftrag bestehen könnte, aber trotzdem Zweifel daran besteht, ob dieser auch bezahlt werden muss.
Der rechtliche Grundsatz dabei lautet:

„Wird eine Leistung aufgrund eines Werkvertrags geschuldet und vergütet, so kann der Auftragnehmer dieselbe Leistung aufgrund einer Nachtragsvereinbarung in der Regel nicht ein zweites Mal bezahlt verlangen.“ (BGH X ZR 166/04)

Ausnahme:
  • Der Auftraggeber hat in der Nachtragsvereinbarung eine gesonderte Vergütungspflicht selbständig anerkannt und war sich diesem auch bewusst.
  • Die Vertragsparteien haben sich gerade in Ansehung dieser Frage verglichen.
   
Ein Zusatzvergütungsanspruch aufgrund einer Nachtragsvereinbarung setzt voraus, dass die Leistungspflicht, auf die die Nachtragsforderung gestützt wird, nicht bereits zur vertraglich vereinbarten Leistung gehört.
Damit wird klar, dass eine rechtliche Nachtragsprüfung „dem Grunde nach“ notwendig wird um festzustellen, was zur vertraglich vereinbarten Leistung gehört.
Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an.
 
Dabei ist das gesamte Vertragswerk nach dem objektiven Empfängerhorizont entsprechend § 133,§157 BGB zugrunde zu legen, es kommt also nicht nur auf den Inhalt eines Leistungsverzeichnisses an, sondern auch auf Pläne, Zeichnungen oder sonstige Umstände, auf die die Parteien bei der Bestimmung der auszuführenden Leistungen Bezug genommen haben.

„Wird eine bestimmte Leistung bereits nach dem Ursprungsvertrag geschuldet und bezahlt, so kann der Auftragnehmer dieselbe Leistung in der Regel nicht ein zweites Mal aufgrund einer Nachtragsvereinbarung bezahlt verlangen. Dafür wäre erforderlich, dass sich der Auftraggeber in vertragsändernder Weise eindeutig
damit einverstanden erklärt, eine zusätzliche Vergütung ohne Rücksicht auf die schon bestehenden Leistungspflichten des Auftragnehmers zu zahlen. Regelmäßig kann davon nicht ausgegangen werden.“ (BGH X ZR 166/04)

Selbst ein über die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens vereinbarter Nachtrag führt regelmäßig nicht zu einer doppelten Vergütungspflicht, wenn tatsächlich die im Nachtrag beschriebene Leistung schon zu dem ursprünglichen Leistungsumfang gehört. Das Fehlen einer unverzüglichen Reaktion des Auftraggebers ist vor dem eventuellen Hintergrund von früheren Vereinbarungen und Gespräche zwischen den Parteien für den Auftragnehmer erkennbar nicht als Einverständnis mit einer gesonderten Vergütungspflicht zu verstehen. Es hat insbesondere auch nicht die Wirkung eines Anerkenntnisses oder eines Vergleichs bezüglich der Vergütungspflicht, was natürlich im konkreten Einzelfall zu bewerten und auszulegen wäre.

Fazit der Betrachtung
 
Selbst wenn ein Mitarbeiter des Bauherrn auf der Baustelle einen Zusatzauftrag über eine „Nachtragsleistung“ erteilt heißt das nicht, dass dieser vom Bauherrn als Vertragspartner auch bezahlt werden muss.
Zum Beispiel kann dieser „Zusatzauftrag“ auch eine nicht gleich erkannte Mängelbeseitigung oder bereits im Hauptvertrag beinhaltet sein, was vielleicht der Mitarbeiter nicht erkannt hat.

Anders könnte der Fall gewertet werden, wenn Auftragnehmer und Auftraggeber schon bewusst verhandelt haben und der Auftraggeber danach schon in Abschlagsrechnungen die verhandelten Baunachträge anteilig bezahlt hat.
Das KG Berlin hat in einem Urteil, welches vom BGH bestätigt wurde, darauf hingewiesen, dass in der Zahlung auf eine Abschlagsrechnung jedenfalls ein neues Angebot (§ 150 Abs. 1 BGB) liegt. Die nach § 151 BGB erforderliche, nach außen erkennbare Willensbetätigung des Auftragnehmers als Empfängerin der Erklärung liegt in dem Behalten der Zahlung. Die vorbehaltlose und vollständige Begleichung einer Abschlagsrechnung mit den Nachtragsforderungen durfte der Auftragnehmer gemäß dem objektiven Empfängerhorizont so verstehen, als nehme der Auftraggeber das in der Rechnungsübersendung liegende wiederholende Angebot über die Nachtragskosten an (vgl. KG Berlin 21 U 155/06).
Auftraggeber sollten genau überlegen, ob man in einer Abschlagsrechnung bereits anteilig Baunachträge ohne Vorbehalt bezahlt. Aus diesem Grund empfehlen wir in unserer Musterregelung, nachfolgenden Passus in den Werkvertrag mit einzufügen.

„Auszahlungen der Nachtragsforderungen bei Abschlags-/ Schlussrechnungen dürfen erst nach einer schriftlichen Nachtragsvereinbarung mit dem Auftragnehmer erfolgen.“
 
Eine genaue unabhängige Nachtragsprüfung im konkreten Einzelfall kann grundsätzlich empfohlen werden.
Um Streitigkeiten auf der Baustelle vorzubeugen macht es nach unserer langjährigen Baustellenerfahrungen Sinn, die Mitarbeiter und Führungskräfte zu schulen.
In vielen Fällen ist eine Inhouseschulung viel wirtschaftlicher als Streitigkeiten um das "Recht haben wollen" oder teure Rechtsstreitigkeiten mit Rechtsanwälten und Gutachter.. Bahnt sich ein Baustellenstreit an, ist es preisweiter, im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung einen unabhängigen praxiserprobten Schlichter einzuschalten.

Fragen Sie uns. Wir sind gerne auch als Schlichter und Referent für Sie tätig.

(Anm.: Die Ausführungen sind die persönlichen Ansichten des Verfassers und stellen keine rechtliche oder bautechnische Beratung im Einzelfall dar)


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